Wir schlagen sie?
Gestern im Rathaus: eine Ausstellung von wahrhaft historischen Ausmaßen wurde eröffnet. Gleich am Eingang hängt eine Postkarte, die vor 100 Jahren für Kriegsanleihen warb und den martialischen Titel trägt: "Wir schlagen sie". Der Untertitel verrät, wie viel an Verständigung in Europa in den letzten 100 Jahren geschehen ist. Denn während es vor 100 Jahren, am Beginn des 1. Weltkriegs, gegen Frankreich um eine Völkerschlacht von apokalyptischen Ausmaßen ging, geht es heute Abend auf einem fernen Kontinent mit Beteiligung derselben Staaten um ein hoffentlich schönes Sportereignis zwischen befreundeten Nationen. Joachim Wenzel, der ehemalige Archivar von Berg, hat im Berger Rathaus eine Ausstellung eröffnet, die ihresgleichen sucht. Er hat in monatelanger Arbeit Berger und andere Archive durchforstet, um den Spuren des ersten Weltkrieges in unserer Gemeinde hinterher zu forschen. Joachim Wenzel hat - mit nicht unbeträchtlichem persönlichen und finanziellen Aufwand - erstaunliche Dokumente zu Tage befördert, die sofort betroffen machen.
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So zogen sie 1914 in den Krieg: Josef Steigenberger (rechts auf dem linken Bild) oder Nikolaus Stadler (rechts, Allmannshausen) ...
… und so kehrten 83 Berger zurück: Sterbebilder Berger Bürger
15 Millionen Menschen starben während des 1. Weltkrieges. 83 davon stammten aus den damals noch kleinen Gemeinden am Ostufer des Starnberger Sees. Unter den Toten war auch der Großvater von Joachim Wenzel. Auch deshalb war der Enkel bei der feierlichen Eröffnung seiner Ausstellung sichtlich bewegt.
Ausstellungsmacher Joachim Wenzel gestern abend im Berger Rathaus

… und mit Freude und Ehefrau bei der Arbeit (Foto:Höck)
Die Betroffenheit übertrug sich sofort auf die Besucher: Denn Joachim Wenzels Familiengeschichte ist nicht die einzige, die sich bis in die Gegenwart fortsetzt. Finden sich doch unter den Soldaten und den Gefallen viele heute noch bekannte Familiennamen.
Die Soldaten Josef Monn (Höhenrain) und Franz Mock (Sibichhausen)
Bilder vom unermeßlichen Leid in den Schützengräben gibt es nicht. Aber nicht nur "offizielle" Kriegsbilder hat Joachem Wenzel gefunden, sondern auch auf den ersten Blick eher private Schnappschüsse, die der historisch gebildete Archivar allerdings sorgsam relativiert. So bemerkt er zu scheinbaren "Kriegs-Schnappschüssen" wie diesem von Artilleriefeuer zerstörten Zug:
"Viele der im 1. Weltkrieg … gemachten Bilder stellen sich bei genauerer Betrachtung als gefälscht (gestellt oder nachträglich verändert) heraus. Fast alle am Krieg beteiligten Länder nutzen diese Bilder auch für Propagandazwecke."
Die Ausstellung ist eine Sternstunde, bei der allein stört, dass alle Photos reproduziert wurden, und keines der beeindruckenden Bilder im Original zu sehen ist.

Deutsche Krieger: die Höhenrainer Josef Stadler linkerhand mit Handgranate im Schützengraben und Johann Mayer in voller Montur im Fotostudio
quh - 2014/07/04 00:15

Leider genügen die Ausstellungen im Berger Rathaus nicht immer den allerhöchsten Ansprüchen. Diesmal aber erwartet die Gemeinde ein echtes Highlight: Monatelang hat der ehemalige Archivar der Gemeinde Joachim Wenzel die Karteien durchforstet, Dokumente gewälzt und Photographien gesammelt. In einer immensen Forschungsarbeit hat er versucht, alles aufzutreiben und zu entziffern, was es in Berg an Dokumenten, Photos und Fundstücken zur Ur-Katastrophe des letzten Jahrhunderts zu finden gab. Übermorgen wird - aus Anlaß des 100. Jahrestages des Ausbruchs des 1. Weltkrieges - im Berger Rathaus nun seine Ausstellung "Sprung ins Dunkle" eröffnet (19 Uhr; Gäste willkommen). Neben Feldpostkarten und Photos von Soldaten aus der Gemeinde Berg, werden auch Bilder von ihrer Einberufung, ihrem Kriegsalltag und auch ihre Sterbebilder zu sehen sein. Wir kommen auf das Thema zurück.














... und im vorletzten Jahr durfte sich der Träger des Bundensverdienstkreuzes auch ins Goldene Buch der Gemeinde Berg eintragen. 




















