Ist die Energiewende in Gefahr? Vortrag im LRA STA
Hans-Josef Fell sprach zum Thema "Energiewende in Gefahr! Was tun gegen die Klimaschutzblockade?"
"Wir sind noch nicht allzu weit gekommen", gestand Landrat Karl Roth ein, als er gestern Abend den Vortragenden Hans-Josef Fell, MdB a.D., im großen Sitzungssaal des Landratsamts in Starnberg begrüßte. Er meinte damit den Beschluss, bis 2035 die Energieautonomie im Landkreis erreichen zu wollen. Es gebe Energiewendevereine, Agenden, Genossenschaften, Spenden - aber so richtig sei das alles nicht in Fahrt gekommen.
Just über diese Unzufriedenheit und Ungeduld freute sich Hans-Josef Fell, da diese doch beweise, dass man weiterhin nach Lösungen suche. Fell, der von 1998 bis 2013 für die Grünen im Bundestag saß, ist Vater des Gesetzentwurfs Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), das 2000 verabschiedet und seither mehrfach novelliert wurde.
Sein engagiert gehaltener Vortrag, der im Anschluss diskutiert wurde, beschäftigte sich mit den technischen, politischen, ökonomischen und ökologischen Aspekten der Umstellung auf Erneuerbare Energien.
Er beantwortete uns ein paar Fragen:
QUH: Die Gemeinde Berg hat einen Antrag auf Genehmigung von vier Windrädern gestellt. Laut Gutachten und dem neuen Windatlas wird die Windmenge knapp ausreichen, um die Anlagen wirtschaftlich zu betreiben. Würden Sie zum Bau raten?
H.-J. Fell: Moderne Windkraftanlagen sind gerade auch dahin entwickelt worden, um in windschwachen Gebieten besonders effizient Strom erzeugen zu können. Ich rate entsprechende Angebote dieser modernen Binnenlandanlagen einzuholen und zu bauen, dann werden sie auch in der Gemeinde Berg große Mengen von CO2-freiem Strom ernten können.
QUH: Den EE wird immer vorgeworfen, sie seien unrentabel und lediglich subventioniert. Wie sehen Sie das?
H.-J. Fell: Es sieht völlig anders herum aus. Gerade in den letzten Jahren sind mit den Ölpreissteigerungen die weltweiten Subventionen für fossile Energien massiv gestiegen. In 2012 wurden fast 550 Milliarden US-Dollar in die Subventionierung vor allem von Kohle, Erdöl und Erdgas gesteckt, für Erneuerbaren Energien weniger als 100 Milliarden. Umgerechnet wird jede Tonne Kohledioxidemissionen sogar mit ca. 100 US Dollar subventioniert. Auch in Deutschland ist immer noch laut Subventionsbericht der Bundesregierung die Kohlesubvention der größte Einzelposten aller Subventionen. Zudem werden weder von den Energiekunden, noch von den Energiekonzernen die hohen externen Schadenskosten bezahlt, die die atomar/fossile Energieerzeugung verursacht: Schäden durch Klimaveränderungen, wie Hochwasserschäden, Waldbrände, Dürren, Ernteausfälle, Schäden durch Gifte aus rauchenden Schornsteinen, die unsere Gesundheit massiv belasten und Schäden durch Bergbau an unseren Flüssen, Böden und Natur werden nicht von den Verursachen bezahlt, sondern wenn überhaupt, dann vom Steuerzahler oder der Gemeinschaft der Versicherten. Erneuerbaren Energien würden alle diese Kosten vermeiden und sind daher wesentlich billiger für die Gemeinschaft.
QUH: Halten Sie eine Vollversorgung bis 2035, wie vom Kreistag des Landkreises Starnberg beschlossen, für möglich? Die Gemeinde Berg hat sich sogar das Ziel 2020 gesetzt. In unserem Leitbild von 2009 heißt es:
”Wir sind den kommenden Generationen zum schonenden Umgang mit den vorhandenen Ressourcen und dem Erhalt unserer einzigartigen Naturlandschaft verpflichtet. Wir sehen uns daher in der Rolle als Vorbild für nachhaltiges Handeln. Stärker als bisher werden eine autarke Energieversorgung (bis 2020) sowie eine Nahversorgung mit einheimischen Produkten angestrebt.”
H.-J. Fell: Eine Vollversorgung mit 100% Erneuerbaren Energien ist nicht nur möglich, sondern auch notwendig. Nur damit werden zukünftige Krisen, wie wir sie heute in der Ukraine mit ihrer Erdgasabhängigkeit von Russland sehen, werden steigende Öl-und Gaspreise und große Umweltschäden durch Bergbau und Klimaerwärmung vermieden.
QUH: Herzlichen Dank!
Hans-Josef Fells Thesen, Argumente und Publikationen finden Sie hier: https://www.hans-josef-fell.de/
quh - 2014/06/03 18:17
Lesung aus dem Buch der 1001 Energiewendemärchen.
"In 2012 wurden fast 550 Milliarden US-Dollar in die
Subventionierung vor allem von Kohle, Erdöl und Erdgas gesteckt, für
Erneuerbaren Energien weniger als 100 Milliarden. ………"
Die Zahl von "500 Milliarden US-Dollar" ist aus einer bekannten Studie der IEA. Diese wertet einfach jede Politik als Subvention, die dazu führt, dass der nationale Energiepreis niedriger liegt als der Weltmarktpreis. Das wird dann so lange hin- und hergewendet, bis die Subventionen für herkömmliche Stromerzeugung besonders gigantisch erscheinen. Im genannten Subventionsbericht der Bundesregierung stehen die "Erneuerbaren Energien" übrigens an dritter Stelle ….
Aber selbst wenn man die Zahl glauben will: Die herkömmlichen Kraftwerke stellen seit Jahrzehnten eine hervorragende Stromversorgung zu günstigen Preisen sicher und sind eine wesentliche Basis unserer Industrieproduktion (die privaten Haushalte verbrauchen nämlich nur ca. 27% des Stroms, wodurch auch die Wirksamkeit von Energiesparkationen, "Smart Grids" etc. stark begrenzt wird).
Die Betreiber von Windmühlen und Solarzellen kassieren zwar dauerhaft enorme Mengen an Subventionen (pro Jahr 20-25 Milliarden €), liefern aber keinerlei Versorgungsssicherheit und müssen für die mit der Instabilität dieser Quellen verbundenen Mehrkosten überhaupt nicht aufkommen. Offiziell gilt die EEG-Umlage zudem nicht als Subvention, soviel zum Thema "versteckte Subventionen".
"Erneuerbaren Energien würden alle diese Kosten vermeiden und sind daher wesentlich billiger für die Gemeinschaft."
Wenn dem so ist, dann sollte uns der Herr Fell mal erklären, warum die Strompreise bei sinkender Versorgungssicherheit explodieren, die Unternehmen der "Erneuerbaren Energien"-Branche weltweit reihenweise Pleite gehen und sich die Gelder der Anleger in diese Wundertechnik in Milliardenhöhe in Luft auflösen. Die genannten "externen Kosten" sind weitgehend Sekulation und sollen einfach nur verschleiern, daß die Öko-Technologie extrem teuer ist, wie die Realität zeigt.
"Eine Vollversorgung mit 100% Erneuerbaren Energien ist nicht nur
möglich, sondern auch notwendig."
Für die Stromerzeugung in Deutschland muß gemäß den Vorgaben der Bundesnetzagentur jederzeit innerhalb einer SEKUNDE eine absolute Sicherheitsreserve von ca. 28.000 MW für einen möglich Ausfall zur Verfügung stehen, da sonst die Frequenz schlagartig unter den Minimalwert sinkt und das Versorgungsnetz zusammenbricht:
https://www.netzfrequenzmessung.de
Die Frequenzstabilität wird durch die riesigen Schwungmassen aller Großgeneratoren gewährleistet, die dafür sorgen, dass innerhalb der ersten Sekunde die Sicherheitsventile der über das Netzwerk gesteuerten Großkraftwerke geöffnet werden können, so daß diese dann über die zweite Frequenz-Verteidigungsstufe mit mehr komprimiertem Dampf versorgt werden.
Die "erneuerbaren Energien" (mit Ausnahme einiger weniger Wasserkraftwerke, die aber < 1% zur Stromversorgung beitragen) verfügen aber weder über nennenswerte Rotationsenergie, noch lassen sich Sonne und Wind gezielt und schlagartig herauf- oder herunterregeln. Die Sicherheitsreserve ist auch der Grund dafür, daß konventionelle Kraftwerke als "systemrelevant" eingestuft und nicht abgeschaltet werden dürfen.
Die immer wieder aufkommende Idee, dieses Problem durch "Power to Gas" mit einem Gesamtwirkungsgrad von weniger als 20% zu lösen, würde die Strompreise mindestens versechsfachen:
https://tinyurl.com/pnjkqbm
Vor diesem Hintergrund sind Behauptungen, eine Abschaltung der konventionellen Kraftwerke mit Ersatz durch eine 100%-Stromversorgung aus "erneuerbaren Energien" sei möglich, einfach nur Unsinn. So etwas behauptet nicht einmal mehr die Bundesregierung, lediglich noch einige Esoteriker.